Das Leben hat vor undenklich langer Zeit mit ein paar Aminosäureketten begonnen, die sich irgendwann im Meer bildeten, auf die Dauer zu Zellen wurden, dann zu Bakterien und dann, nach unendlich langer Zeit, zu komplexeren Lebensformen – Pflanzen und Tieren. Dabei haben schon die Bakterien die Umwelt verändert, indem sie anfingen, Sauerstoff in das Meer und die Athmosphäre zu entlassen, den es dort vorher nicht gab.
Das Leben hat also, eventuell von Anfang an, ich bin keine Spezialistin, die Welt verändert und dadurch die Bedingungen geschaffen, die für seine Entwicklung günstig waren. Dabei ist es aus der Umwelt, die es vorfand, hervorgegangen und hat sich in Anpassung an diese Umwelt ständig verändert.
In den ersten ca. 1,5 Milliarden Jahren seit das Leben auf die Erde kam und nachdem es sich bis zur Stufe der Bakterien entwickelt hatte, waren Bakterien und Archaeen die Lebewesen, die die Erde bevölkerten.
In dem riesigen Zeitraum, in dem sie das Leben auf der Erde alleine bestimmten, konnten Bakterien und Archaeen ungezählte Möglichkeiten biochemischer Reaktionen „ausprobieren“ – aus den Lösungen, die die natürliche Selektion überstanden, und die vor allem auf 20 Aminosäuren und aus diesen gebildeten ein- bis zweihundert Eiweißstrukturen beruhen, die die anderen Reaktionen katalysieren, besteht das Leben im wesentlichen noch heute. Spätere Lebensformen sollten die biochemischen Lösungen, die die Bakterien erfunden hatten, kombinieren; aber kaum noch Neues hinzufügen (http://www.oekosystem-erde.de/html/leben-02.html).
Schon die ersten Lebensformen tragen Eigenschaften in sich, die das Leben bis heute betimmen: es verändert sich ständig in Anpassung an seine Umwelt, es vervielfältigt sich selber und es verändert die Umwelt ebenso, wie es selbst von dieser verändert wird.
Einer der Faktoren, die den groβen Erfolg des Lebens auf der Erde mitbestimmen, ist seine Vielfältigkeit. Sie findet sich zwischen den verschiedenen Arten von Lebewesen, ob es nun Bakterien, Pflanzen oder Tiere seien, deren Vielfalt und Unterschiedlichkeit nur Staunen erregen kann, und sie findet sich innerhalb der Arten, vor allem der komplexeren.
Man muβ sich nur die Menschen ansehen, um zu verstehen, was ich meine. Obwohl es sich bei den Menschen um eine einzige Spezies handelt (es gibt keine unterschiedlichen „Menschenrassen“), sind die Individuen untereinander so verschieden, dass es uns Menschen gelingt, andere Vertreter unserer Art wegen ihrer Verschiedenheit zu hassen. Dabei ist Verschiedenheit, wie die Geschichte der Evolution zeigt, eine der Stärken des Lebens. Es ist dem Leben gelungen, durch Anpassung und die Hervorbringung einer unglaublichen Vielfalt den ganzen Planeten zu erobern, und wenn man bedenkt, dass der Anfang ein paar Aminosäurestränge irgendwo im Ozean waren, ist das einfach nur erstaunlich.
Übrigens ist hier gleich eine weitere Eigenschaft des Lebens erwähnt: indem es sich anpasst, breitet es sich aus. Es ist dem Leben im Laufe von Milliarden von Jahren gelungen, den Planeten zu erobern und seinen Bedürfnissen anzupassen. Denn die Erde, wie wir sie heute kennen, ist nicht mehr der Planet, der sie ohne das Leben war. Ihre Athmosphäre hat sich völlig verändert, und auf ihrer Oberfläche ist eine Schicht entstanden, die wir „Boden“ nennen, und in der unzählige kleine Lebewesen von teilweise mikroskopischer Gröβe die toten Reste der Lebewesen in Pflanzennahrung verwandeln. Sie tun dies in sehr komplexen chemischen Prozessen, von denen einige zur Verständigung untereinander dienen.
Es gibt viel über die Erde zu lernen, wenn wir verstehen wollen, welche Prozesse heute unser Leben beeinflussen und formen. Es ist aber wichtig, diese Dinge besser zu verstehen, weil wir ein Teil von ihnen sind und ohne sie nicht überleben können. Und im Moment sind wir dabei, aus Ignoranz das Leben zu zerstören. Ignoranz aber ist bei einem Wesen, das so weit entwickelt ist, wie wir, unverzeihlich.
Mir scheint, dass wir Menschen innerhalb der Evolution eine besondere Rolle haben. In uns entwickelt sich das Bewuβtsein in einer Form und Intensität, die es sonst, soweit wir das beurteilen können, nirgends erreicht. Bewuβtsein ist eine Evolutionsstufe, und wie alle anderen Evolutionsstufen entwickelt es sich in Vielfältigkeit. Es gibt viele Kulturen, es gibt viele Religionen, es gibt viele Arten, die Welt wahrzunehmen und sich in ein Verhältnis zu ihr zu setzen.
Seit einiger Zeit setzt sich eine einseitige Art, die Welt zu begreifen, durch, eine unheilvolle Art. Die vorherrschende Kultur ist auf Ausbeutung und Konkurrenz aufgebaut. Dabei wird alles ausgebeutet, was sich ausbeuten läβt: der Lebensraum aller anderen Lebewesen, diese Lebewesen selber, soweit wir sie als nützlich betrachten, und die anderen Menschen. Wir zerstören die Vielfalt der Lebensformen, deren Teil wir sind, und der Lebensformen, von denen wir abhängen, und wir scheinen nicht mehr weit davon entfernt zu sein, das Leben, wie wir es kennen, zu zerstören.
Was dabei unter anderem auch zerstört wird, ist die Evolution. Und die Evolution scheint das zu sein, worum es beim Leben geht. Das Leben entwickelt sich, erobert neue Räume, findet neue Wege, sich auszudrücken. Schon lange tut es dies auch in Form des Geistes. Wir sind nicht nur die Hersteller besserer Landwirtschaftsmethoden, so dass der Planet mehr von uns besser ernähren kann als je zuvor, wir sind auch die Schaffer von Ideen, von Kunst, von Techniken, die das Leben für uns angenehmer und reicher machen.
In diesem Moment unserer Entwicklung sind wir in einem merkwürdigen Stadium angelangt. Wir haben einen Fetisch, um den sich alles dreht: die Wirtschaft. Die Wirtschaft scheint das Wichtigste zu sein, was es auf der Erde gibt, alles ist ihr untergeordnet. Nichts ist in Ordnung, wenn die Wirtschaft nicht in Ordnung ist. Dabei dient sie nur einem sehr kleinen Prozentsatz von uns, den Rest macht sie zu Sklaven.
Es ist etwas Merkwürdiges mit der Wirtschaft. Sie kümmert sich nicht um die Verdienste der Menschen, um ihren Beitrag zum Gemeinwohl oder die Dinge, die sie geschaffen haben, sie dient nur denen, die sich auf die Manipulation von Geld verstehen. Die Wirtschaft ist ein Instrument, das Leuten, die schon viel haben, hilft, sich immer noch mehr anzueignen zum Schaden derer, die wenig oder nichts haben. Das Kriterium des Wertes eines Menschen ist also nicht mehr, was er kann und produziert, sondern was er hat.
In diesem Prozeβ beraubt die Wirtschaft den gröβten Teil der Menschheit ihres Auskommens. Menschen, die nichts haben als ihr Talent und ihre Arbeit, werden gezwungen, sich unter Preis zu verkaufen und das zu arbeiten, was die Wirtschaft von ihnen verlangt, statt dessen, wofür sie begabt sind und was die Menschheit weiterbringen könnte. Denn die Menschheit und die Evolution dienen nicht der Wirtschaft, sondern dem Leben. Und die Wirtschaft dient dem Leben nicht, sonst wären nicht so viele Lebewesen vom Aussterben bedroht, und kein Chemiekonzern hätte die Erlaubnis, Saatgut herzustellen, dessen Frucht nicht keimt, also tot ist, und dies der Menschheit aufzwingen zu wollen, unter Zerstörung der Biodiversität.
Was die Habenichtse angeht, so werden sie in den armen Ländern ausgenutzt, so lange es geht, und wenn sie alt werden oder krank, läβt man sie sterben. In den reichen Ländern werden sie dazu gebracht, teure Versicherungen abzuschlieβen, damit sie sich einen Lebensabend in relativer Armut und mit einer gewissen Krankenfürsorge leisten können. Sie einfach sterben zu lassen, wäre in Europa wahrscheinlich zu krass, in den USA scheint es schon möglich zu sein.
Die geistige Entwicklung der Menschen scheint mit Steinwerkzeugen und der Entwicklung einer Sprache begonnen zu haben. Inzwischen gibt es viele Sprachen, und wir bauen Maschinen , die die Arbeit tun. Bald wird der gröβte Teil der Menscheit überflüssig sein, denn wozu sind Menschen gut, die keine Arbeit haben?
Warum hat sich unsere Spezies von den mühsamen Anfängen zu einer Stufe entwickelt, auf der für alle Menschen genug zum Leben produziert wird, auf der es unendliche Möglichkeiten gibt, sich zu unterhalten, auf der immer neue Techniken erfunden werden, um das Leben angenehm zu gestalten, es durch Medikamente zu erhalten, auf der wir über alle Aspekte des Lebens reflektieren und forschen? Warum entwickeln wir uns immer weiter und haben noch Möglichkeiten, die wir uns nicht einmal vorstellen können? Damit die Hälfte der Menschheit im Elend lebt und von der anderen Hälfte unterdrückt und ausgenutzt wird? Sind wir über diese Barbareien immer noch nicht hinaus?
Wozu sind wir hier? Wozu haben wir diese Talente und Möglichkeiten, wenn nicht, um sie zu entwickeln? Jedes Kind, das nicht alles lernt, was es zu lernen gibt, ist eine Verschwendung. Jeder Mensch, der achtlos seinem Schicksal überlassen wird, während andere die Früchte seiner Arbeit ernten, ist eine Verschwendung. Jeder Mensch, der in die Gosse getreten wird, ist eine Verschwendung.
Wir leben nicht für uns, wir leben für die Entwicklung der Menschheit. Dazu ist Gemeinschaftlichkeit und Respekt nötig. Jeder von uns sollte bedenken, dass der Mitmensch sein Spiegel ist, bevor er ihn verurteilt und verachtet. Wir sind hier, um einander zu helfen weiterzukommen. Der Planet hilft uns dabei, indem er uns Herausforderungen präsentiert.
Es wird Zeit, dass wir unsere Bestimmung annehmen. Es wird Zeit, dass wir einander helfen. Es wird Zeit, dass wir den Planeten als unsere Heimat achten, die uns erhält, und die wir deshalb nicht zerstören dürfen. Es wird hohe Zeit, dass wir erkennen, dass jeder von uns einen Beitrag leistet. Es ist wichtig, dass jeder sich entsprechend seinen Fähigkeiten entwickeln kann, denn so entwickelt sich das Leben weiter. Wenn alle Menschen die Möglichkeit hätten, ihre Fähigkeiten zu entwickeln, würde die Menschheit Entwicklungssprünge machen, die wir uns nicht einmal vorstellen können.
Dabei ist es natürlich wichtig, dass man anderen nicht schadet, denn das Leben geht in alle Richtungen, und bis es alle Möglichkeiten ausprobeirt hat, kann viel Zerstörung passieren. Wie die Gegenwart deutlich zeigt, dürfen wir nicht alle Möglichkeiten ausprobieren, die uns gegeben sind, sonst bringen wir uns um.
Um unsere Bestimmung auf diesem Planeten zu erfüllen, müssen wir unsere Vielfältigkeit erhalten und ausbauen, denn niemand weiss, wohin die Reise der Menschheit geht. Eins ist aber klar: eine Geselllschaft, in der einige Wenige in Saus und Braus leben, während die groβe Mehrheit Not leidet, kann nicht das Ziel sein. Diese Geselllschaftsform ist empörend und anti-evolutionär. Sie ist darauf aus, den Status quo zu erhalten und sträubt sich gegen Veränderungen. Das Leben aber existiert und entwickelt sich in der Veränderung und in der Vielfalt.