Ein paar Bemerkungen zur aktuellen Lage

Not und Elend ist etwas, worunter alle leiden, aber die, die nicht davon betroffen sind, meinen, dass es sie nichts angeht.

In allen Staaten der Welt ohne Ausnahme werden im Moment die Missstände offensichtlich, die sich überall im sozialen Bereich finden, vor allem im Gesundheitswesen. Die meisten Staaten, bei denen die Pandemie nachzulassen scheint, sind aber nur bemüht, möglichst schnell den „Normalzustand“ herzustellen, das, was vor der Pandemie war. Die Wirtschaft muss wieder brummen, unser liebstes Kind. Nun ist gerade die Dominanz der Wirtschaft in allen Bereichen eine wichtige Ursache der Misstände. Nicht irgendeiner Wirtschaft. Der Wirtschaft, wie wir sie betreiben.

Ich habe vor kurzem auf Portugiesische  in youtube einen interessanten Beitrag mit dem Thema gesehen: Wozu dient eigentlich ein Milliardär? Die Frage beschäftigt mich schon ein wenig länger. Der Beitrag gab die Antwort, die zu geben ich mich nicht getraut hatte: zu nichts. Warum ich mich nicht getraut hatte, diese Antwort zu geben? Weil es mir völlig unbegreiflich ist, wie wir diese Leute weiter fördern können, wenn sie zu nichts nütze sind. Und wir fördern sie. In den Wirtschaftskriesen sind die Milliardäre, die sie in der Regel verursachen, diejenigen, die die Regierungen als erste retten – also wir alle, denn diese Unterstützungen kommen von den Steuergeldern. Dabei werden die Milliardäre reicher, während alle anderen ärmer werden. Macht Sinn: wenn irgendwer reicher wird, muss jemand anders ärmer werden, schliesslich sind die Resourcen begrenzt.

Und all die Vermögen, die da irgendwo angehäuft sind, wozu dienen die? Nicht dem Gemeinwohl. Schaut heute auf die Not in allen Ländern der Erde. Wer versucht, die Situation zu lösen? Nicht die Milliardäre (mit Ausnahme von Bill Gates). Dabei haben die hundert reichsten Menschen auf der Erde so viel Geld, dass sie die Wirtschaftsprobleme auf der Erde auf einen Schlag lösen könnten. Die Wirtschaftsprobleme der ganzen Welt! Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen.

Man stelle sich nur mal vor, auf der ganzen Welt würde nicht der verrückte Trump die Keule schwingen, sondern Experten aus der ganzen Welt würden gemeinsam die Probleme lösen und hätten das nötige Geld zur Verfügung. Und ich meine keine neoliberalen Wirtschaftsexperten, sonden Sozialarbeiter, Agronomen, Umweltexperten, Pädagogen und dergleichen. Vor allem keine reichen Leute, vielleicht wären dann die Interessen etwas besser verteilt. Schwindelerregend.

Es könnte was richtig Gutes dabei rauskommen, eine Welt, in der jeder das Recht auf Glück hat und die Chance dazu. Eine Welt, in der nicht die Konkurrenz regiert, sondern die Kooperation. Eine Welt, die begriffen hat, dass Katastrophen immer wieder auftreten, und dass wir ihnen besser gewachsen sind, wenn wir gemeinsam dagegen antreten.

Europa hat mit seinem beschämenden Hick Hack ums Geld schon gezeigt, dass es diesen Weg eher nicht gehen will, zumindest nicht konsequent. Wo kämen wir denn da hin, wenn jeder einfach was abkriegt, vielleicht sogar für umsonst? Ja, wo kämen wir da hin? Das ist eigentlich eine spannende Frage.

Brasilianische Porträts

Claudio

Müde setzt Claudio einen Fuβ vor den anderen. Er wird immer langsamer, sein Kopf ist nach vorn gesunken und seine Arme hängen schlaff an den Seiten seines Körpers. Ziellos wandert er durch die Straβen der Groβstadt.

Mittags hatte er sich zum Ausruhen auf einem der vielen Plätze der Stadt in die Sonne gesetzt, dankbar für ein wenig Wärme an einem kalten Tag. Ein Polizist hatte ihn vertrieben. Eine zerlumpte, ausgemergelte Gestalt wie er durfte sich nicht einfach in aller Öffentlichkeit auf einen Platz setzen, als hätte er dort Heimatrechte. Eine zerlumpte, ausgemergelte Gestalt wie er muβte fortgescheucht werden, damit er die Augen der Menschen nicht beleidigte, die geschäftig vorbeihasteten.

Vor allem die Touristen sollen eine zerlumpte, ausgemergelte Gestalt wie ihn nicht sehen, er vermittelte ein falsches Bild von Brasilien. Die Touristen in ihren bunten Kleidern und guten Schuhen machen hin und wieder gern Photos von einem so verhungerten Kerl, denn das gibt den Bildern Lokalcholorit, aber sie wollen nicht ständig mit seinem Anblick belästigt werden. Es kann auch zu viel Lokalcholorit geben, und die Touristen wollen eine schöne Zeit verbringen und sich nicht mit der Realität der Armut konfrontiert sehen.

Neben den Touristen, die müβig durch die Stadt flanieren, hasten eine Menge Menschen durch die überfüllten Straβen. Manche sind sehr gut und sorgfältig gekleidet, andere laufen in abgetragenen Kleidern einher, die nicht weniger sorgfältig behandelt werden. Sie alle wirken zielbewuβt und eilig, wie Städter auf der ganzen Welt eben wirken. Sie alle haben Arbeit und einen Grund, hier zu sein. Sie alle müssen ganz schnell irgendwo hin.

Auch Claudio gehörte vor langer Zeit noch zu den Zielbewuβten. Er war Packer im Hafen und hatte immer viel zu tun, denn er war stark und arbeitswillig. Er hatte einen guten Ruf, denn er war gewissenhaft und keine Arbeit war ihm zu schwer. Obwohl er Analphabet war, verdiente er genug, um seinen sechs Kindern ein Heim und Nahrung zu geben, ohne dass seine Frau arbeiten muβte. Natürlich wohnten sie in keiner guten Gegend, aber auch nicht in einem wirklich elenden Viertel. Die Kinder gingen zur Schule und hatten immer Sachen zum Anziehen. Nur aufsteigen konnte Claudio in seiner Firma nicht, dazu hätte er lesen und schreiben können müssen.

Sein ältester Sohn war schon in der Oberschule, als Claudio einen Unfall hatte und sich den Rücken unheilbar verletzte. Im Krankenhaus konnten sie ihn nicht einmal von seinen Schmerzen befreien, er bewegte sich von da an humpelnd vorwärts und konnte nicht mehr schwer tragen.

Er bekam eine Behindertenrente, die natürlich bei weitem nicht an das heranreichte, was er als Werktätiger verdient hatte. Sobald er wieder besser laufen konnte, suchte er sich eine Arbeit als Nachtwächter. Damit und mit der Rente konnte er seine Familie ernähren. Sie muβten natürlich in eins der Elendsviertel umziehen, denn sie konnten die Miete nicht mehr bezahlen. Die Kinder bekamen dort in der öffentlichen Schule freies Mittagessen, und auch das half.

Eines nachts wurde er überfallen und das Lager, dass er bewachte, wurde ausgeraubt. Er selbst wurde übel zugerichtet, doch sein Arbeitgeber meinte trotzdem, er stecke mit den Dieben unter einer Decke oder hätte geschlafen, denn es gab keine Zeichen eines Einbruchs, und wie hätten die Diebe in das Lager kommen sollen, ohne dass Claudio sie bemerkte?

Claudio war also wieder arbeitslos, und diesmal fand er keine Arbeit mehr. Sein Miβgeschick hatte sich herumgesprochen, und niemand wollte ihn mehr einstellen. Traurig saβ er daheim. Er ging nur selten aus, denn er schämte sich. Dann hörte er ein Gerücht, dass die Diebe einen Schlüssel gehabt hätten und deshalb unbemerkt in das Lager eingebrochen seien. Nun traute er sich auf den kleinen Platz in der Nähe seines Hauses und begann, mit anderen Arbeitslosen Dame oder Domino zu spielen. Vor allem bei den Dominospielen ging es oft hoch her, und Claudio lebte ein wenig auf.

Dann, nach einem Regierungswechsel, wurde seine Behindertenrente gestrichen. Ohne Angabe von Gründen, von einem Tag auf den anderen. Plötzlich bekam kein Behinderter mehr eine Rente. Auch die Speisung der Kinder in der Schule wurde unregelmäβig, die Qualität schlechter. Sein ältester Sohn wollte die Schule ohne Abschluβ verlassen und sich Arbeit suchen, um zuhause zu helfen. Er war stark, er wollte wie sein Vater im Hafen als Packer anfangen. Doch mehr als einen Mindestlohn für acht Stunden härtester Arbeit hätte er als Anfänger nicht nach Hause gebracht, und Claudio und seine Frau Eusebia träumten davon, dass der aufgeweckte Junge einen Berufsabschluss machen und es einmal besser haben würde als seine Eltern. Sollten sie diesen Traum nun aufgeben, vielleicht für alle ihre Kinder?

Doch der Junge fing am Hafen an, denn die Familienbeihilfe und Eusebias geringer Lohn, den sie für Putzjobs erhielt, reichten nicht aus, um acht Personen zu ernähren und zu kleiden. Sie wären gern umgezogen, denn immer wieder wurden Claudio und seine Söhne von Leuten angesprochen, die mit Drogen zu tun hatten, und die die fünf rekrutieren wollten. Es war nicht immer möglich, sich davon fern zu halten, denn dann gab es Repressalien.

Das Leben in der Favela wurde immer unerträglicher, denn die Polizeigewalt nahm seit dem Regierungswechsel zu. Die Polizisten hatten es vor allem auf farbige Männer abgesehen und hatten keine Skrupel, Jugendliche einfach abzuknallen.

Alle Mitglieder der Familie waren irgendwann schon einmal unter fadenscheinigen Vorwänden von Polizisten angehalte und gefilzt worden. Um verdächtig zu sein, reichte es, schwarz und arm zu sein. In der Favela hatte man nicht nur mit der Armut und den unwürdigen Lebensbedingungen zu kämpfen, sondern auch mit der Gewalt, die der Staat routinemäβig und kriterienlos gegen seine armen Bürger anwandte. Jeden Tag fürchteten Claudio und Eusebia um das Leben ihrer Kinder und waren froh, wenn diese heil von der Schule oder Arbeit nach Hause kamen. Sie versuchten, die Kinder möglichst im Haus zu halten, doch diese rebellierten natürlich gegen eine solche Gefangenschaft und behaupteten mit der Unbekümmertheit der Jugend, dass ihnen schon nichts passieren würde.

Dann wurde Jorge, der älteste Sohn, auf dem Heimweg von der Arbeit erschossen. Die Polizisten, die die Tat begangen hatten, behaupteten, er habe Widerstand geleistet und sie hätten Drogen bei ihm gefunden. Ein Kollege des Toten, ebenfalls ein halbwüchsiger Junge, hatte gesehen, wie ein Polizist die Drogen in die Tasche des Toten steckte, doch wer würde das glauben? Es muβte schon Schlimmeres geschehen als der Mord an einem armen Jungen aus der Favela, damit ein Polizist zur Rechenschaft gezogen wurde. Es war sogar ein Gesetz geplant, das der Polizei quasi eine Lizens zum Töten gab.

Neben dem Schmerz muβte die Familie mit dem Einkommensverlust fertig werden. Der nächste Sohn, ein schmächtiges Bürschchen von 15 Jahren, machte sich auf die Suche nach Arbeit, konnte aber im Hafen keinen Job als Packer finden und verdingte sich schlieβlich als Laufbursche in einer Bäckerei. Die Arbeitszeiten waren lang, der Lohn gering, und der Junge würde wahrscheinlich nie im Leben etwas Besseres finden. Dabei war er blitzgescheit, der Beste in seiner Klasse.

Das Essen war nun knapp im Hause der Familie, oft muβten sie hungern. Ihre Kleidung war abgetragen und schäbig, alle waren dünn und sahen elend aus. Die Kinder waren schwer zuhaus zu halten, sie wollten leben und sich freuen. Die Eltern zitterten.

Schlieβlich hielt Claudio es nicht mehr aus. Er wollte die Familie von dem unnützen Esser befreien, als der er sich fühlte, und so machte er sich eines Tages früh auf den Weg und verlieβ seine Familie. Er ging einfach aus dem Haus und die Straβe entlang und wanderte immer weiter. Er hatte kein anderes Ziel, als eine Gegend der Stadt zu erreichen, die er nicht kannte, und wo man ihn nicht finden würde.

Seitdem war er unterwegs. Hunger, Durst und Kälte waren seine ständigen Begleiter, denn es war Winter. Es regnete viel, und die Temperaturen waren niedrig. Vor allem nachts war ihm kalt, wenn er sich irgendwo verkroch und sich mit alten Zeitungen und Pappe notdürftig zudeckte.

Manchmal gelang es ihm, ein wenig Essen zu ergattern, oft aus dem Müll. An Wasser war schwerer heranzukommen. Er suchte öffentliche Bedürfnisanstalten auf, wo er das ungesunde Wasser aus den Kränen trank. Sogar das schmutzige Wasser aus Pfützen trank er hin und wieder und war dankbar, dass Winter war und es regnete. Aber meist hatte er Durst.

Es ging ihm nicht gut. Zu den Rückenschmerzen kamen nun Bauchschmerzen dazu. Er hatte Durchfall und beschmutzte sich. Er versuchte, sich in einem öffentlichen Krankenhaus behandeln zu lassen, aber dort hatte man nichts, um ihm zu helfen, denn das Krankenhaus hatte seit Monaten keine Medikamente mehr erhalten. Wenigstens lieβen sie ihn in einem schmutzigen Badezimmer mit verrosteten Armaturen duschen und seine Wäsche waschen. Dann muβte er in feuchten Kleidern zurück auf die Straβe. Er bekam einen Husten und schleppte sich noch mühsamer vorwärts. Er sah so heruntergekommen aus und stank so fürchterlich, dass niemand es mehr in seiner Nähe aushalten konnte.

Eines nachts legte er sich zum Schlafen auf eine Bank auf einem kleinen Platz irgendwo in der riesigen Stadt. Sein Schlaf war unruhig, ihm war kalt und schlecht und er hatte Schmerzen. Ein paar gelangweilte junge Burschen in guten Kleidern kamen vorbei. Als sie den herunterge-kommenen Mann auf der Bank sahen, stürzten sie sich auf ihn und traten und schlugen ihn, bis er tot war. Die Brutalität dieses Verbrechens brachte es in die Nachrichten. Es wurde im Fernsehen und Radio mit Abscheu kommentiert. Zwei Tage später war es unter dem Eindruck neuer Greuel schon wieder vergessen.

 

 

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©Veronika Küper Nóbrega

 

Religion und Wissenschaft

Warum Religion und Wissenschaft streiten, kann ich nicht begreifen, sie haben nichts miteinander zu tun: Sie reden von völlig verschiedenen Ebenen der Wirklichkeit.

Die Religion beschreibt, was ist und woher es kommt – aber nicht auf materieller Ebene. Nichts könnte ihr gleichgültiger sein. Sie ist am Sinn des Seins interessiert, nicht an seiner materiellen Beschaffenheit. Darüber kann und will sie nichts aussagen.

Die Religion spricht über Gott und das Verhältnis des Göttlichen zur Welt. Sie versucht darzustellen, wie sich das Göttliche in der Welt zeigt und was es von den Menschen erwartet. Sie versucht, den Menschen den Weg zum Göttlichen zu zeigen. Wie schwierig das ist, beleuchtet die Tatsache, daβ es so viele verschiedene Religionen gibt, die so verschiedene Aussagen über die Natur des Göttlichen machen.

Da das Göttliche die Materie transzendiert, ist es im Grunde mit der menschlichen Sprache nicht zu beschreiben. Wenn die Vertreter der Religionen trotzdem den Versuch machen, in Worte zu fassen, was sie unter dem Göttlichen verstehen, benutzen sie deshalb gern paradoxe Aussagen oder sprechen in Bildern. Man kann sich dem Göttlichen nähern, man kann es nicht auf den Punkt bringen, denn es übersteigt das Menschliche und das Materielle..

Die Wissenschaft dagegen bewegt sich immer im Bereich des Begreifbaren, mit dem Verstand Erfaβbaren. Es ist ihre Aufgabe und ihr Ziel, dem Menschen die Welt und sich selber zu beschreiben und begreiflich zu machen, und zwar ausgehend von den materiellen Tatsachen. Sie reicht deshalb so weit wie die Materie, was darüber hinausgeht ist für sie nicht beschreibbar.

Ich möchte darauf hinweisen, daβ die Geschichte vom Big Bang und der Evolution nicht weniger phantasievoll ist als die biblische Schöpfungsgeschichte, und nicht beweisbar ist. Die Theorie vom Big Bang eruiert ihre Tatsachen aus den Ergebnissen – und das tut die Schöpfungsgeschichte auch. Trotzdem will die Schöpfungsgeschichte kein Tatsachenbericht sein Sie ist ein Mythos, eine Darstellung des Wesens des Geschehens. Sie hat übrigens bei der Reihenfolge des Schöpfungsgeschehens den Nagel auf den Kopf getroffen, und das ist schon erstaunlich.

Die Aussagen „Gott hat die Welt geschaffen“ und „Am Anfang war der Urknall“ widersprechen sich nicht wirklich. Sie treffen sich überhaupt nicht. Sie reden von zwei Seiten der Wirklichkeit: ihrem Wesen und ihrer Form. „Gott erschafft die Welt“ sagt etwas über das Wesen der Welt aus: sie ist Schöpfung, sie ist Werk, sie ist gewollt. „Am Anfang war der Urknall“ beschreibt, wie es dabei eventuell zugegangen ist.

Es ist müβig, über diese Dinge zu streiten, sie sind nicht beweisbar. Es ist auch nicht eine Weltsicht der anderen überlegen. Ein wissenschaftliches Weltbild ist einem religiösen nicht überlegen, weil es sich vermeintlich auf Tatsachen stützt. Eventuell ist das religiöse Weltbild sogar weiser, denn es zieht aus der Komplexität und Mannigfaltigkeit der Schöpfung, die die Wissenschaft beschreibt, den Schluβ, daβ dies alles weit über uns hinausgeht und durchaus Dinge enthalten oder verbergen kann, die wir schlicht nicht wahrnehmen können.

Was die Religion unglaubwürdig macht, ist die Schwäche ihrer Vertreter und sind Organisationsformen, die mit Gott nichts zu tun haben, aber sehr viel mit menschlichem Machtstreben.

Es ist müβig, über Gott zu streiten, denn man kann in Bezug auf Gott nicht Recht haben. Gott sprengt die menschlichen Maβstäbe. Wer über Gott streitet, streitet also im Grunde um Macht. Wer Gott festlegen will, sucht eine Möglichkeit, die Menschen zu beherrschen. Wer den Menschen Gottes Willen aufdrücken will, kann durchaus seinen eigenen Willen meinen.

Jesus zum Beispiel sagt den Menschen, was Gott von ihnen will, und dabei geht er mit sehr viel Verständnis und Selbstlosigkeit vor. Er macht keine Vorschriften, er gibt Ratschläge. Sein Leitfaden ist die Nächstenliebe, und dieser Leitfaden erhebt hohe Ansprüche an die, die sich als seine Diener bezeichnen. Das Ziel ist immer wieder, den Menschen ihre Lasten zu erleichtern, nicht sie zu erschweren.

Religion scheint etwas mit Moral zu tun zu haben. Gott scheint von den Menschen ein ethisches Verhalten zu erwarten. Das ist nicht selbstverständlich, denn an sich ist Gott über der Moral. Auf der Ebene des Göttlichen fallen Gut und Böse zusammen, was im Yin-Yang Symbol sehr schön dargestellt ist. Auf der menschlichen Ebene aber ist das nicht so, da gibt es Gut und Böse.

Interessanterweise sind auf der ethischen Ebene alle gleich, es gibt keine sozialen Unterschiede. Es gibt mildernde Umstände, die dafür sorgen, daβ die Ansprüche an privilegierte Menschen höher sind als an unterprivilegierte, denn sie haben mehr Möglichkeiten, Gutes zu tun. Alle Menschen aber haben die Möglichkeit, ihre Mitmenschen anständig zu behandeln, also gilt der Anspruch, dies zu tun, für alle Menschen gleichermaβen.

Mit diesen Dingen beschäftigt sich die Wissenschaft nicht, sie fühlt sich von moralischen Überlegungen unbelastet und unbelastbar, da sie es mit „objektiven“ Tatsachen zu tun hat. Nun ist an sich schon fraglich, ob Objektivität dem Menschen überhaupt möglich ist, und auf jeden Fall ist Ethik ein Faktor, der zu allem menschlichen Handeln dazugehört, denn der Mensch ist ein ethisches Wesen. Harmonisches menschliches Zusammenleben ist ohne Ethik nicht möglich. Wer aber legt fest, was ethisch ist?

Ich denke, Interessenvertreter müssen schon zu Wort kommen können, aber sie sollen nicht entscheiden. Es gibt Theologen und Philosophen, die sich mit Ethik beschäftigen. Es gibt Menschen, die mit Ethik beruflich nichts zu tun haben, sich aber dafür interessieren. Auf jeden Fall ist Ethik nichts, was man den Experten überlassen kann, denn auch die haben Interessen. Es geht darum, einen Konsens zu finden. Es geht darum, miteinander zu reden. Auch zu streiten, wenn es sein muβ. Und immer mit dem Bewuβtsein, dass man niemanden dazu zwingen kann, die Ethik anderer zu übernehmen.

Trotzdem begegnen sich Wissenschaft und Religion auf dem Gebiet der Ethik, denn es gibt Wissenschaftler, die ethische Überlegungen für in ihrem Berreich irrelevant halten, oder die einfach andere ethische Vorstellungen haben als andere. Es ist aber wichtig, dass Wissenschaft einen ethischen Rahmen einhält, sonst sind weder ihre Praxis noch ihre Ergebnisse tragbar und können genutzt werden. Wissenschaft findet schlieβlich nicht im luftleeren Raum statt, sondern innerhalb einer Gesellschaft, der sie dienen und die sie bereichern soll.

Evolution und Sinn des Lebens

Das Leben hat vor undenklich langer Zeit mit ein paar Aminosäureketten begonnen, die sich irgendwann im Meer bildeten, auf die Dauer zu Zellen wurden, dann zu Bakterien und dann, nach unendlich langer Zeit, zu komplexeren Lebensformen – Pflanzen und Tieren. Dabei haben schon die Bakterien die Umwelt verändert, indem sie anfingen, Sauerstoff in das Meer und die Athmosphäre zu entlassen, den es dort vorher nicht gab.

Das Leben hat also, eventuell von Anfang an, ich bin keine Spezialistin, die Welt verändert und dadurch die Bedingungen geschaffen, die für seine Entwicklung günstig waren. Dabei ist es aus der Umwelt, die es vorfand, hervorgegangen und hat sich in Anpassung an diese Umwelt ständig verändert.

In den ersten ca. 1,5 Milliarden Jahren seit das Leben auf die Erde kam und nachdem es sich bis zur Stufe der Bakterien entwickelt hatte, waren Bakterien und Archaeen die Lebewesen, die die Erde bevölkerten.

In dem riesigen Zeitraum, in dem sie das Leben auf der Erde alleine bestimmten, konnten Bakterien und Archaeen ungezählte Möglichkeiten biochemischer Reaktionen „ausprobieren“ – aus den Lösungen, die die natürliche Selektion überstanden, und die vor allem auf 20 Aminosäuren und aus diesen gebildeten ein- bis zweihundert Eiweißstrukturen beruhen, die die anderen Reaktionen katalysieren, besteht das Leben im wesentlichen noch heute. Spätere Lebensformen sollten die biochemischen Lösungen, die die Bakterien erfunden hatten, kombinieren; aber kaum noch Neues hinzufügen (http://www.oekosystem-erde.de/html/leben-02.html).

Schon die ersten Lebensformen tragen Eigenschaften in sich, die das Leben bis heute betimmen: es verändert sich ständig in Anpassung an seine Umwelt, es vervielfältigt sich selber und es verändert die Umwelt ebenso, wie es selbst von dieser verändert wird.

Einer der Faktoren, die den groβen Erfolg des Lebens auf der Erde mitbestimmen, ist seine Vielfältigkeit. Sie findet sich zwischen den verschiedenen Arten von Lebewesen, ob es nun Bakterien, Pflanzen oder Tiere seien, deren Vielfalt und Unterschiedlichkeit nur Staunen erregen kann, und sie findet sich innerhalb der Arten, vor allem der komplexeren.

Man muβ sich nur die Menschen ansehen, um zu verstehen, was ich meine. Obwohl es sich bei den Menschen um eine einzige Spezies handelt (es gibt keine unterschiedlichen „Menschenrassen“), sind die Individuen untereinander so verschieden, dass es uns Menschen gelingt, andere Vertreter unserer Art wegen ihrer Verschiedenheit zu hassen. Dabei ist Verschiedenheit, wie die Geschichte der Evolution zeigt, eine der Stärken des Lebens. Es ist dem Leben gelungen, durch Anpassung und die Hervorbringung einer unglaublichen Vielfalt den ganzen Planeten zu erobern, und wenn man bedenkt, dass der Anfang ein paar Aminosäurestränge irgendwo im Ozean waren, ist das einfach nur erstaunlich.

Übrigens ist hier gleich eine weitere Eigenschaft des Lebens erwähnt: indem es sich anpasst, breitet es sich aus. Es ist dem Leben im Laufe von Milliarden von Jahren gelungen, den Planeten zu erobern und seinen Bedürfnissen anzupassen. Denn die Erde, wie wir sie heute kennen, ist nicht mehr der Planet, der sie ohne das Leben war. Ihre Athmosphäre hat sich völlig verändert, und auf ihrer Oberfläche ist eine Schicht entstanden, die wir „Boden“ nennen, und in der unzählige kleine Lebewesen von teilweise mikroskopischer Gröβe die toten Reste der Lebewesen in Pflanzennahrung verwandeln. Sie tun dies in sehr komplexen chemischen Prozessen, von denen einige zur Verständigung untereinander dienen.

Es gibt viel über die Erde zu lernen, wenn wir verstehen wollen, welche Prozesse heute unser Leben beeinflussen und formen. Es ist aber wichtig, diese Dinge besser zu verstehen, weil wir ein Teil von ihnen sind und ohne sie nicht überleben können. Und im Moment sind wir dabei, aus Ignoranz das Leben zu zerstören. Ignoranz aber ist bei einem Wesen, das so weit entwickelt ist, wie wir, unverzeihlich.

Mir scheint, dass wir Menschen innerhalb der Evolution eine besondere Rolle haben. In uns entwickelt sich das Bewuβtsein in einer Form und Intensität, die es sonst, soweit wir das beurteilen können, nirgends erreicht. Bewuβtsein ist eine Evolutionsstufe, und wie alle anderen Evolutionsstufen entwickelt es sich in Vielfältigkeit. Es gibt viele Kulturen, es gibt viele Religionen, es gibt viele Arten, die Welt wahrzunehmen und sich in ein Verhältnis zu ihr zu setzen.

Seit einiger Zeit setzt sich eine einseitige Art, die Welt zu begreifen, durch, eine unheilvolle Art. Die vorherrschende Kultur ist auf Ausbeutung und Konkurrenz aufgebaut. Dabei wird alles ausgebeutet, was sich ausbeuten läβt: der Lebensraum aller anderen Lebewesen, diese Lebewesen selber, soweit wir sie als nützlich betrachten, und die anderen Menschen. Wir zerstören die Vielfalt der Lebensformen, deren Teil wir sind, und der Lebensformen, von denen wir abhängen, und wir scheinen nicht mehr weit davon entfernt zu sein, das Leben, wie wir es kennen, zu zerstören.

Was dabei unter anderem auch zerstört wird, ist die Evolution. Und die Evolution scheint das zu sein, worum es beim Leben geht. Das Leben entwickelt sich, erobert neue Räume, findet neue Wege, sich auszudrücken. Schon lange tut es dies auch in Form des Geistes. Wir sind nicht nur die Hersteller besserer Landwirtschaftsmethoden, so dass der Planet mehr von uns besser ernähren kann als je zuvor, wir sind auch die Schaffer von Ideen, von Kunst, von Techniken, die das Leben für uns angenehmer und reicher machen.

In diesem Moment unserer Entwicklung sind wir in einem merkwürdigen Stadium angelangt. Wir haben einen Fetisch, um den sich alles dreht: die Wirtschaft. Die Wirtschaft scheint das Wichtigste zu sein, was es auf der Erde gibt, alles ist ihr untergeordnet. Nichts ist in Ordnung, wenn die Wirtschaft nicht in Ordnung ist. Dabei dient sie nur einem sehr kleinen Prozentsatz von uns, den Rest macht sie zu Sklaven.

Es ist etwas Merkwürdiges mit der Wirtschaft. Sie kümmert sich nicht um die Verdienste der Menschen, um ihren Beitrag zum Gemeinwohl oder die Dinge, die sie geschaffen haben, sie dient nur denen, die sich auf die Manipulation von Geld verstehen. Die Wirtschaft ist ein Instrument, das Leuten, die schon viel haben, hilft, sich immer noch mehr anzueignen zum Schaden derer, die wenig oder nichts haben. Das Kriterium des Wertes eines Menschen ist also nicht mehr, was er kann und produziert, sondern was er hat.

In diesem Prozeβ beraubt die Wirtschaft den gröβten Teil der Menschheit ihres Auskommens. Menschen, die nichts haben als ihr Talent und ihre Arbeit, werden gezwungen, sich unter Preis zu verkaufen und das zu arbeiten, was die Wirtschaft von ihnen verlangt, statt dessen, wofür sie begabt sind und was die Menschheit weiterbringen könnte. Denn die Menschheit und die Evolution dienen nicht der Wirtschaft, sondern dem Leben. Und die Wirtschaft dient dem Leben nicht, sonst wären nicht so viele Lebewesen vom Aussterben bedroht, und kein Chemiekonzern hätte die Erlaubnis, Saatgut herzustellen, dessen Frucht nicht keimt, also tot ist, und dies der Menschheit aufzwingen zu wollen, unter Zerstörung der Biodiversität.

Was die Habenichtse angeht, so werden sie in den armen Ländern ausgenutzt, so lange es geht, und wenn sie alt werden oder krank, läβt man sie sterben. In den reichen Ländern werden sie dazu gebracht, teure Versicherungen abzuschlieβen, damit sie sich einen Lebensabend in relativer Armut und mit einer gewissen Krankenfürsorge leisten können. Sie einfach sterben zu lassen, wäre in Europa wahrscheinlich zu krass, in den USA scheint es schon möglich zu sein.

Die geistige Entwicklung der Menschen scheint mit Steinwerkzeugen und der Entwicklung einer Sprache begonnen zu haben. Inzwischen gibt es viele Sprachen, und wir bauen Maschinen , die die Arbeit tun. Bald wird der gröβte Teil der Menscheit überflüssig sein, denn wozu sind Menschen gut, die keine Arbeit haben?

Warum hat sich unsere Spezies von den mühsamen Anfängen zu einer Stufe entwickelt, auf der für alle Menschen genug zum Leben produziert wird, auf der es unendliche Möglichkeiten gibt, sich zu unterhalten, auf der immer neue Techniken erfunden werden, um das Leben angenehm zu gestalten, es durch Medikamente zu erhalten, auf der wir über alle Aspekte des Lebens reflektieren und forschen? Warum entwickeln wir uns immer weiter und haben noch Möglichkeiten, die wir uns nicht einmal vorstellen können? Damit die Hälfte der Menschheit im Elend lebt und von der anderen Hälfte unterdrückt und ausgenutzt wird? Sind wir über diese Barbareien immer noch nicht hinaus?

Wozu sind wir hier? Wozu haben wir diese Talente und Möglichkeiten, wenn nicht, um sie zu entwickeln? Jedes Kind, das nicht alles lernt, was es zu lernen gibt, ist eine Verschwendung. Jeder Mensch, der achtlos seinem Schicksal überlassen wird, während andere die Früchte seiner Arbeit ernten, ist eine Verschwendung. Jeder Mensch, der in die Gosse getreten wird, ist eine Verschwendung.

Wir leben nicht für uns, wir leben für die Entwicklung der Menschheit. Dazu ist Gemeinschaftlichkeit und Respekt nötig. Jeder von uns sollte bedenken, dass der Mitmensch sein Spiegel ist, bevor er ihn verurteilt und verachtet. Wir sind hier, um einander zu helfen weiterzukommen. Der Planet hilft uns dabei, indem er uns Herausforderungen präsentiert.

Es wird Zeit, dass wir unsere Bestimmung annehmen. Es wird Zeit, dass wir einander helfen. Es wird Zeit, dass wir den Planeten als unsere Heimat achten, die uns erhält, und die wir deshalb nicht zerstören dürfen. Es wird hohe Zeit, dass wir erkennen, dass jeder von uns einen Beitrag leistet. Es ist wichtig, dass jeder sich entsprechend seinen Fähigkeiten entwickeln kann, denn so entwickelt sich das Leben weiter. Wenn alle Menschen die Möglichkeit hätten, ihre Fähigkeiten zu entwickeln, würde die Menschheit Entwicklungssprünge machen, die wir uns nicht einmal vorstellen können.

Dabei ist es natürlich wichtig, dass man anderen nicht schadet, denn das Leben geht in alle Richtungen, und bis es alle Möglichkeiten ausprobeirt hat, kann viel Zerstörung passieren. Wie die Gegenwart deutlich zeigt, dürfen wir nicht alle Möglichkeiten ausprobieren, die uns gegeben sind, sonst bringen wir uns um.

Um unsere Bestimmung auf diesem Planeten zu erfüllen, müssen wir unsere Vielfältigkeit erhalten und ausbauen, denn niemand weiss, wohin die Reise der Menschheit geht. Eins ist aber klar: eine Geselllschaft, in der einige Wenige in Saus und Braus leben, während die groβe Mehrheit Not leidet, kann nicht das Ziel sein. Diese Geselllschaftsform ist empörend und anti-evolutionär. Sie ist darauf aus, den Status quo zu erhalten und sträubt sich gegen Veränderungen. Das Leben aber existiert und entwickelt sich in der Veränderung und in der Vielfalt.

 

 

09. 10. 2019

Ich glaube, was jetzt Not tut ist das, was man in religiöser Sprache das Anbrechen des Reiches Gottes nennt.

Das Reich Gottes ist immer nahe, und immer verpassen wir es, weil wir vorher eben noch etwas Wichtiges erledigen müssen.

Die Lebensweise Jesu macht nur im Reich Gottes Sinn.

Alle Geschöpfe sind in das Reich Gottes gerufen, nicht nur die Menschen, nicht nur die Christen. Das Reich Gottes ist, wo alle in Frieden sind.

Wir werden das Reich Gottes nicht erreichen, solange wir uns über die Unvollkommenheit der Erde beklagen. Freude und Dankbarkeit führen ins Reich Gottes.

Der Höchste unter den Menschen wurde als gemeiner Verbrecher ans Kreuz geschlagen, doch wir suchen das Heilige immer noch in den Palästen – heute in den Banken, in denen das Geld angebetet wird. Das Heilige ist auf der Straβe, hungert und bettelt und hat kein Haus.

Nichts von dem, was Not tut, ist neu, alles ist schon lange offenbart, wird aber immer wieder neu formuliert. Nicht die Wahrheit verändert sich, sondern unser Verständnis von der Welt.

In der Aufklärung hat Gott sich von der katholischen Kirche emanzipiert.

Alles, was wir in der Wissenschaft neu entdecken, offenbart uns die Schöpfung und ist segensreich, wenn es zum Nutzen aller verwendet wird. Alles, was nur zum Vorteil weniger verwendet wird, ist ohne Segen und bringt nicht das Gute, das es bringen sollte. Der Reichtum der Erde gehört allen Geschöpfen, und nur, wenn er für alle verwendet wird, bringt er Segen. Wir Menschen dürfen die anderen Geschöpfe für unsere Zwecke benutzen, aber wir müssen sie respektieren, ihnen ihre Würde lassen, und dürfen nur so viel nehmen, wie wir wirklich brauchen. Auch muβ für die anderen Geschöpfe ausreichend Raum bleiben.

Jedes Wesen, ob Pflanze, Tier oder Mensch, muβ die Gelegenheit haben, sich seinen Fähigkeiten entspechend zu entwickeln, dann erfüllt die Schöpfung ihren Zweck. Dies scheint manchmal widersprüchlich. Die Viren etwa scheinen zu existieren, um die Entwicklung der Lebewesen zu behindern. Oft gelingt es den Wirten aber, Abwehrmechanismen gegen die Viren zu entwickeln, also die eigene Widerstandskraft zu erhöhen. Die Tatsache, dass jedes Lebewesen auf der untersten Ebene eine riesige Anhäufung spezialisierter Zellen ist, macht die Dinge nicht einfacher. Wie paβt ein Schöpfergott in die Evolutionsthorie? Zumindest die Anthropozentriertheit unseres Weltbildes ist dadurch in Frage gestellt. Und selbst wenn das Weltall geschaffen sein sollte, um etwas wie uns hervorzubringen, bedeutet dies nicht, dass wir das Ziel sind. Wir sind Instrument eines unbekannten Zweckes, so wie alle anderen Lebewesen auch. Wir sollen dem Leben dienen.

Unsere Ausgesetztheit in ein gigantisches Weltall, in dem wir weder der Mittelpunkt noch der Zweck des Ganzen sind, macht Angst. Als wir dann noch erklärten, dass Gott tot sei, haben wir und jeden Sinn genommen.

All unsere religiösen Bilder sind aus dem genommen, was wir kennen. Sie versuchen, dem Gestalt zu geben, was nicht so ist und doch so ist. Sie sind Versuche, etwas darzustellen, was wir ahnen, aber im Grunde nicht darstellen können, weil es die Wirklichkeit transzendiert. Vielleicht das beste Bild hierfür im jüdisch/christlichen Vorstellungsbereich ist der brennende Dornbusch. Da ist etwas, aber wir wissen nicht, was es ist. Es entzieht sich der Erklärung. Wir fühlen es, aber wir können es nicht fassen. Es ist unheimlich, denn es ist nicht natürlich.

Die vielleicht törichtste Frage in diesem Zusammenhang ist die, wo Gott ist. Gott existiert nicht, nicht so, wie wir existieren, mit Anfang und Ende, Ort und Zeit. Wir existieren, Gott ist. Das absolute Sein ist auβerhalb unseres Wahrnehmungsbereiches.

Eins ist, glaube ich, wahr: in Gott ist Freude. Die Lebensfreude ist ein Geschenk Gottes. Die tiefe Freude daran, da zu sein, am Leben teilzuhaben, wahrnehmen zu konnen, was ist, man selbst zu sein, ist ein Geschenk Gottes. Sie gehört zur Freude an allem, was ist, und ist das Geburtsrecht eines jeden Lebewesens. Jedes Lebewesen freut sich, dass es ist und sich seiner Natur entsprechend entwickeln kann. Wird diese Entwicklung behindert, ist der Sinn verloren und damit die Freude. Die Entwicklung eines anderen Wesens zu behindern, ist eine der gröβten Sünden, die wir begehen können, und wir tun dies alle. Wir alle gehen lieblos um mit unseren Nächsten und verhindern damit die Lebensfreude, die unser höchstes Gut ist. Wir leben aus der Freude heraus, ohne Freude vegetieren wir.

Ein paar Bemerkungen zum KLimawandel

Ich glaube nicht, dass die Politiker das Klimaproblem lösen werden. Politiker sind Interessenvertreter. Sie vertreten vornehmlich die Interessen der Wirtschaft. Auch, wenn sie in globalen Maβstäben denken, ist es ihnen in erster Linie um Wirtschafts- und Machtinteressen zu tun. Der Klimawandel aber kann nicht unter Wahrung irgendwelcher Partikularinteressen bekämpft werden, für den Klimawandel ist eine gemeinschaftliche entschlossene Haltung des gröβten Teils der Menschheit notwendig. Das ist eine gewaltige Aufgabe, und sie fordert gewaltige Anstrengungen.

Auf den Klimakonferenzen reden sie von Fristen, als hätten wir noch Zeit. Wir haben keine Zeit mehr, unsere Zeit ist fast abgelaufen. Wenn wir nicht ganz schnell ganz radikal einiges verändern, haben unsere Kinder keine Zukunft mehr.

Welche Art von Veränderung meine ich?

Ich meine eine Änderung der Haltung den anderen Menschen und dem Planeten gegenüber. Die Ursache unserer Probleme sind Egoismus, Mangel an Respekt vor dem Anderen und Mangel an Respekt vor dem Leben. Die Ursache unserer Probleme ist mangelnde Spiritualität. Wir sind in unserem Handeln vornehmlich von materiellen Erwägungen bestimmt.  Wir wollen viel haben, weil wir meinen, das mache glücklich.

Es ist hohe Zeit, diese Haltung ernsthaft zu hinterfragen. Um die Klimaveränderung aufzuhalten, bedarf es einer radikalen Änderung des Konsumverhaltens vor allem in den Industrieländern. Es bedarf der Einsicht, dass die Welt kein Konsumgegenstand ist, sondern unsere Heimat, von deren Heilsein wir alle abhängen. Und es bedarf der Umsetzung dieser Einsicht in praktisches Leben – und da wird es schwierig. Sind wir imstande, einen Teil unseres Wohlstandes und unserer Bequemlichkeit aufzugegen, um die Welt zu erhalten?

Wir alle wissen um diese Dinge. Wir wissen nur nicht, was wir tun können. Natürlich kann jeder in seinem Bereich Veränderungen vornehmen und hoffen, dass genug andere das auch tun, damit der Klimawandel noch rechtzeitig verhindert wird. Doch wenn es nicht reicht?

Wenn es nicht reicht, wird die radikale Veränderung ohne unser Zutun geschehen. Eventuell werden die Menschheit und viele andere Lebensformen von der Erde verschwinden, und das Leben startet einen neuen Versuch.

Viele von uns meinen, dass wir selbst ja guten Willens sind, die anderen aber nicht. Das ist möglich. Wie läβt sich das ändern?

Durch Gespräch, und durch Gebet. Wir brauchen eine spirituelle Umkehr, die durch eine Veränderung der inneren Einstellung zum Leben hervorgerufen werden muβ. Dies ist eventuell zu erreichen durch Kontemplation und Gebet. Das Verhalten der Menschen wird bestimmt durch die Haltung, die wir dem Leben gegenüber einnehmen. Diese Einstellung wird bestimmt durch das, was wir von uns und der Welt glauben. Es ist dabei egal, ob es sich um einen religiösen oder a-religiösen Glauben handelt.

Wir beeinflussen einander und das, was wir glauben. Wenn sehr viele Menschen an die Heiligkeit und Einheit des Lebens glauben, hat das Einfluss auf die Menschen, die dies nicht glauben. Wenn die Intensität dieses Glaubens groβ genug ist, werden andere Menschen auch dorthin gezogen.

Dies ist keine Frage einer bestimmten Religion oder eines bestimmten Gottes, dies geht uns alle an. Wir brauchen eine Sehnsucht, die so groβ ist, dass sie einen Groβteil der Menschheit verbindet. Wir brauchen das Wissen, dass wir als Menschheit ein gemeinsames Schicksal haben, und dass wir es gemeinsam gestalten können. Wir brauchen das Wissen, dass dies der Moment ist, an dem wir zusammenkommen müssen, wenn wir überleben wollen.

Betet darum, dass uns Menschen die Liebe zueinander und zu unserem Planeten geschenkt werde. Wenn dies ein Leitmotiv in Eurem Leben wird, werdet Ihr Antworten finden und Menschen, die diese Antworten gemeinsam mit Euch gestalten. Und eventuell können wir alle gemeinsam die Welt verändern…

Willkommen bei der Bärin

Auf diesem Blog finden sich meine literarischen Versuche, kurze Geschichten mit mehr oder weniger ernstem Inhalt, ausserdem Nachdenkliches und Episoden aus dem Alltag.  Den Besuchern, die sich an die Lektüre wagen, wünsche ich viel Vergnügen.

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